Hallo Anno und Damen,
wir waren diesen Sommer... zwei Wochen mit dem Pino in Südengland. Mit Zelt. Also ganz frische Erfahrungen...
Als allererstes: Südengland ist, mit wenigen (recht kurzen) Ausnahmen, alles andere als flach. Es geht zwar selten über 100 m über Null hinaus, aber trotzdem ständig rauf und runter, und das gern knackig. Kleines Beispiel: Tagestour von Martin's Mill in der Nähe von Dover nach Canterbury, ca. 60 km, 950 Höhenmeter. Gefühlt sind wir bei den Fahrten mit Gepäck immer entweder 5 km/h schnell gefahren oder 50 (mit Bremsen, natürlich). Im Gegensatz zu langen Steigungen mit weniger Prozent ist das quasi Intervalltrainingslandschaft und entsprechend kraftfressend; gleichzeitig besteht immer die Versuchung, den nächsten Berg mit Schwung anzugehen, was es nicht weniger anstrengend macht. Tagesetappen sollte man daher entsprechend, uh, zurückhaltend planen - 50 km sind durchaus schon eine ordentliche Strecke, unserer Erfahrung nach. (Bei Touren in flacherem Terrain fahren wir auch mit Gepäck deutlich längere Tagesstrecken.) Entsprechend wenige Reiseradler gibt es in England; die drei englischen Radwanderer, die wir dieses Jahr getroffen haben, waren alle unterwegs zur Fähre, um auf dem flacheren Festland zu reisen...
Zur Tourenplanung empfehlen wir ganz heftig die Sustrans-Fahrradkarten. In England hat sich in den letzten Jahren viel in Sachen Radweg getan, und wir hatten diesmal nicht eine unpassierbare Umlaufsperre (war bei unserer ersten Tour 2007 noch ganz anders). Wir haben Sustrans-Karten und routingfähiges GPS parallel genutzt und waren mit dieser Lösung wieder sehr zufrieden. Die Karten sind nicht perfekt, erfüllen aber ihren Zweck sehr gut, und die nächste Stufe wäre die Kombi mit topographischen Karten. Die Radwege sind meist gut ausgeschildert; manchmal sind die Oberflächen etwas, na, sagen wir "nicht rennradtauglich"
. Z.T. gibt es auch "rough surface"-Warnungen auf der Karte, da hatten wir aber auch gute Waldwege dabei, die eher besser zu fahren waren als manche nicht markierten Abschnitte in schlechtem Zustand.
Zelten, ja, da gibt es auch ein paar Fallstricke. Nicht alle "Campingplätze" nehmen Zelte auf. Wir raten von einer Overseas-Mitgliedschaft beim "Camping and Caravanning Club" auf jeden Fall ab, das ist verschwendetes Geld; wenn, dann eine richtige Jahresmitgliedschaft kaufen, dann gibt es ein großes schweres Buch mit wirklich allen Plätzen inkl. Anfahrtsbeschreibungen. Und immer genau hinkucken, ob auch Zelte willkommen sind.
Zudem machen die meisten CP-Rezeptionen lächerlich früh zu (oft schon vor 17 Uhr), d.h. entweder früh ankommen, oder vorher anrufen und vorbuchen, oder aufs beste hoffen. Zu Ferienzeiten sind die Plätze sehr beliebt, weil die Briten auch gern campen, das solltet ihr bei eurer Zeitplanung eventuell auch beachten... denn: Sollte der Platz voll sein (und die Engländer verstehen unter "voll" was ganz, ganz anderes als deutsche Camper, die locker die drei- bis fünffache Menge Zelte auf einer Wiese unterbringen würden), wird man auch als Radler erbarmungslos weitergeschickt. Also nicht auf Gnade und ein kleines Eckchen irgendwo hoffen - keine Chance.
Die Plätze haben uns pro Nacht zwischen 10 und 19 Pfund gekostet (zwei Erwachsene, ein kleines Zelt, ein Tandem). Bei den meisten CP gibt es eine Waschmaschine und einen Trockner, zudem die üblichen Sanitäranlagen und Spülbecken, Kochplatten oder Leihgrills dagegen nicht.
Zum Amusement können wir, falls ihr ein bißchen kulturell/historisch interessiert seid, wärmstens den English Heritage Overseas Visitor Pass empfehlen. Damit kommt man kostenlos in alle EH-Sehenswürdigkeiten rein, und der Preis lohnt sich schon nach einer großen und etwa 2-3 kleineren Sehenswürdigkeiten. Die Stellen haben alle ein Klo und bis auf die ganz kleinen auch ein Café o.ä. mit durchaus leckeren Dingen zu normalen Preisen. Zudem gibt es fast bei allen auch eine Picknickmöglichkeit mit Tisch und Bank für selbst mitgebrachtes Essen. Das Rad irgendwo im Blickfeld der Angestellten zu parken war, wo wir gefragt haben, auch immer möglich. Bei National Trust sind zwar die Leute sehr nett, die Informationen bei einem Overseas Visitor Pass sind dabei aber mehr als dürftig, und die Stellen liegen z.T. recht weit auseinander - da besser gründlich daheim am PC vorplanen (inkl. Öffnungszeiten - die sind sehr unterschiedlich und teils recht sparsam).
Das wären so die wichtigsten Punkte, die uns einfallen - Detailfragen können wir gern noch weiter beantworten...